Womit beginnen Kriege? Mit einem Kanonenschuss, mit dem Einschlag einer Rakete? Mit der förmlichen „Erklärung“? Nein!! Mit einer L ü g e.
Beispiele: 1870 fälschte Bismarck, Kanzler Preußens eine Depesche seines Königs, der damals in Bad Ems weilte, an den Kaiser von Frankreich so, dass dieser Preußen den Krieg erklärte – nach den Riten der damaligen Aristokratie erklären musste. – Dieser Vorgang ging als „Emser Depesche“ in die Annalen ein.
1914 belog Kaiser Wilhelm II. sein Volk in der „Rede an das Volk“, gehalten Anfang August. Er sagte, seit Jahrzehnten sei es sein und seiner Vorfahren erklärter Wille gewesen, dem Volke den Frieden zu bewahren. Aber der Feind neide den Deutschen ihren Wohlstand. „Mitten im Frieden bedroht uns der Feind.“
Dann rückten seine Truppen in Frankreich ein. Wie sehr die „Feinde“ darauf und auf einen Einfall in Deutschland vorbereitet waren, zeigt die Tatsache, dass es mit Ausnahme einer kurzen Periode 1914 in Ostpreußen gelang, den Krieg ausschließlich außerhalb der Grenzen zu führen. Trotzdem ging er verloren.
1939 log Hitler am 1. September mit seiner Behauptung, seit 5 Uhr 45 werde „zurückgeschossen“ und so unterstellte, Polen habe damit begonnen. Und auch 1939 waren die Gegner nicht vorbereitet, weder Polen und Frankreich noch 1941 die Sowjetunion.
2003 belog der USA-Präsident George W. Bush sein Volk und die Welt mit der Behauptung, Iraks Präsident Saddam – wahrlich kein Demokrat und Menschenfreund – horte Massenvernichtungswaffen und werde sie gegen die Bevölkerung der USA einsetzen. Es folgte der sog. 2. Irak-Krieg, aus dem uns Kanzler Schröder herausgehalten hat und deswegen viel Schimpfe erdulden musste.
2022 belügt der Diktator Russlands Volk und Welt, er müsse die „schwulen Rauschgiftsüchtigen“ in der Regierung der Ukraine ausrotten. Wahrscheinlich erschien ihm das als Kriegsgrund doch etwas dürftig; deshalb fügte er hin-zu, das seien alles „Faschisten“.
XXXX Es können unschwer viele weitere Kriege angeführt werden, die mit unwahren Behauptungen begründet wurden.
Anders geht es auch nicht, denn es gibt einfach k e i n e n triftigen, nachvollziehbaren Grund für einen Angriffskrieg. Punkt!
Es wird Euch so gehen wie mir: Ich kann aber auch kein Jota an Verständnis für das Handeln des Kriegsverbrechers und Massenmörders Putin aufbringen. Und er handelt ja in Serie. Wer kann alle die Kriege aufzählen, die unter seiner Herrschaft ausgetragen wurden? Dieses Mal berührt es uns besonders, weil die Ukraine halt näher liegt als Tschechinnen, Georgien und was sonst noch. Und wo hört er auf, wenn man ihn lässt? Ich werde diesen Sommer 91; erlebe ich es noch, dass seine Truppen an der Algarve den Atlantik erreichen? Von der Stiefelspitze Italiens nach Sizilien übersetzen?
Es ist modern, für alles „Ranglisten“ anzulegen. Wo ist der Kriegsverbrecher Putin in der Liste der Mörder anzusetzen? Gewiss, an der Spitze steht Hitler. Wer folgt? Stalin oder doch Putin?
Mir fällt Wolfgang Borchert ein, der viel zu früh verstorbene und heute vergessene Poet des Friedens. Wie oft haben wir in Feierstunden sein Gedicht „Sag nein“! rezitiert! Und wir alle, Überlebende eines unsagbar grausamen Krieges (Halt! ALLE Kriege sind unsagbar grausam, aber den damaligen hatten wir hautnah erlebt!) standen hinter jedem Wort. Und wie erschüttert waren wenige Jahre später junge Burschen der sogenannten „Halbstarken-Generation“ nach unserer Lesung von Bor-scherts Drama „Draußen vor der Tür“.
Ich schweife ab. Das Gedicht „Sag nein!“ sollte man ins Russische übersetzen – gibt es sicherlich – und den Befehlshabern und Generälen, allen Soldaten in die Feldpost geben. Damit nicht Tucholskys Wort „Soldaten sind Mörder“ für jeden zutrifft. Ich persönlich stimme Tucholsky zu mit der Einschränkung: Soldaten werden zum Mor-den ausgebildet und sind „gedungene“ oder „gezwungene“ Mörder.
Ich trat dem Verband der Wehrdienstverweigerer kurz nach der Gründung in Köln bei (Katalog der Ausstellung „Köln 68“ Seite 147) und habe mich in vielen Funktionen für die Bewahrung des Friedens eingesetzt, insbesondere bei den Naturfreunden. Noch etwas, was uns – Elfriede und mich – im Falle Ukraine so betroffen macht: Wir haben das Land im Sommere 2005 bereist. Flug nach Kiew, Flusskreuzfahrt auf dem Dnjepr bis zur Krim und zurück. Besuche u. a. in den Städten Kiew, Kremencuk, Saporoschje (Kosaken), Dnepropetrowsk (Stadt der Weltraum-Fahrt), Cherson (rö-misch/griechische Ausgrabungen), Odessa, Sewastopol, Jalta (Treffen der Siegermächte im Januar 1945), Bachtschissarai (Palast des Großkhans bis zur Vertreibung durch Stalin).
Schöne, saubere Städte, besonders Kiew mit seinen vielen Klöstern und Kathedralen (goldene Dächer / Turmhauben), großen Plätzen und Grünanlagen – alles nach 1945 in altem Stile wieder aufgebaut. Das an Wien erinnernde wunderschöne Odessa, die mediterrane Krimküste … Und die freundlich/fröhlichen Menschen!
Wir haben 70 Jahre lang gegen Atomwaffen gekämpft und für Abrüstung geworben Vor fünf Jahren waren wir dabei, als gegen Atomraketen auf deutschem Boden in der Pfalz demonstriert wurde und uns intensiv an die Ostermärsche in den 1960er Jahren erinnert. Damals waren Naturfreunde maßgeblich an der Organisation beteiligt. Wie waren unter den Hunderttausenden auf der Bonner Hofgartenwiese bei der Demonstration gegen den sogenannten „Doppelbeschluss“ während der Kanzlerschaft von Helmut Schmidt. Willy Brandt – Sohn einer Lübecker Naturfreunde-Familie – war unter uns. Wie glücklich war ich, als ich bei der Eröffnung des Naturfreunde-Bundestreffens (8.000 Teilnehmende) 1988 in Lünen die soeben erfahrene Vereinbarung über erste Abrüstungsmaßnahmen zwischen den USA und der Sowjetunion mitteilen konnte! Endlich konnten immense Geldsummen für positive Zwecke ausgegeben werden, z. B. im Kampf gegen die Armut, in Schlachten gegen Krankheiten, in Feldzügen zum Schutze und zum Erhalt einer belebbaren Umwelt.
Und nun beschließt der Bundestag auf Antrag des sozialdemokratischen Bundekanzlers ungeheure Summen für eine weitere Aufrüstung. Meine Partei – die Partei Willy Brandts und Egon Bahrs – der heute 100 Jahre alt geworden wäre – sieht nur den einen Ausweg, jahrzehntelang Versäumtes auf diese menschenfeindliche Weise nachzuholen.
Aber wie stoppt man Putin, w e r stoppt ihn, bevor er in seinem Allmachtswahnsinn den alles verníchtenden Atomschlag auslöst?
Eigentlich weiß ich nun nicht mehr weiter. Aber ich möchte nicht so negativ enden
sondern etwas Hoffnungsvolles anfügen: Wenn es noch einmal gut geht und die Trümmer jedweder Art weggeräumt sind — ob man dann die Gewinner am Krieg, die Rüstungsindustrie und ihre Kapitalgeber zur Finanzierung des Aufbaues heranzieht?
Isch jlöv nit draan

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